Kaum ist das Projekt BienenBrückenBauen am Umweltzentrum gestartet, gibt es schon einen ersten unerwarteten Wildbienenfund zu vermelden. Auf dem Weißeritzgrünzug im Herzen Dresdens konnte Wildbienenexpertin Mandy Fritzsche ein Männchen der Spitzfühler-Stängelbiene (Hoplitis acuticornis, Synonym: Osmia acuticornis) nachweisen. Bereits 2016 erfolgte mit der Flockenblumen-Blattschneiderbiene (Megachile apicalis) ein Wildbienenneufund im Weißeritzgrünzug. Die Spitzfühler-Stängelbiene ist bisher nur aus Bayern und Baden-Württemberg bekannt und auch dort kommt sie nur sehr selten und lokal vor. Nach der Roten Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands wird die Wildbiene als stark gefährdet eingestuft.
Spitzfühler-Stängelbiene (Hoplitis acuticornis), Foto: Mandy Fritzsche
Der Name der Art weist auf ein markantes Merkmal der Männchen hin: Das Endglied der Fühler ist charakteristisch umgebogen und spitz zulaufend. Die ca. 10 bis 12 mm großen Weibchen lassen sich dagegen im Gelände schwer von ähnlichen Stängelbienenarten unterscheiden. Die Spitzfühler-Stängelbiene kommt in vielen verschiedenen trockenwarmen Lebensräumen vor, u.a. an wärmebetonten Hängen, Säumen sowie Ruderalstellen und Brachen. Entscheidend für die Art ist außerdem, dass der Lebensraum sowohl das passende Nist- als auch das passende Nahrungsangebot aufweist.
Die Weibchen bauen ihre Nester in markhaltige Pflanzenstängel, wobei sie dicke Brombeerranken bevorzugen. Sie nagen dazu das Mark der Pflanze aus und legen so zwischen ein bis elf Brutzellen je Stängel an. Ihre Brut versorgen sie dabei mit Pollen von Schmetterlingsblütengewächsen, wovon es am Weißeritzgrünzug neben der Zottigen Wicke (Vicia villosa) auch Luzerne (Medicago sativa) in größeren Beständen gibt.
Das Vorkommen der Spitzfühler-Stängelbiene auf dem Weißeritzgrünzug zeigt, dass größere, zusammenhängenden Grünflächen im Stadtgebiet Lebensräume für verschiedene, mitunter seltene Arten bieten. Wichtig ist dabei eine angepasste Pflege dieser Lebensräume, die auch Bereiche zulässt, in denen sich die Vegetation nahezu ungestört entwickeln kann. Dort können etwa Brombeerhecken ungestört wachsen, auch wenn sie nicht von allen als »gepflegt« oder »ordentlich« wahrgenommen werden. Ebenso wichtig ist die Durchführung einer angepassten Mahd, die es zulässt, dass Wildpflanzen wie die Zottige Wicke zur Blüte kommen können. Die Stadt Dresden zeigt hier bereits Engagement und mäht größere Wiesenbereiche des Weißeritzgrünzugs extensiv, wobei Teilbereiche von der Mahd ausgenommen werden. Das Vorhandensein von ausreichendem Blütenangebot ist für die Spitzfühler-Stängelbiene besonders in ihrer Flugzeit von Mitte Mai bis Ende Juli wichtig.
Entdeckt wurde die Art im Rahmen eines Monitorings durch das BBB-Projekt. Da es bisher keine flächendeckende und systematische Erfassung von Wildbienen in Dresden gab, sind weitere Funde von Wildbienenarten zu erwarten, die bisher im Stadtgebiet unentdeckt waren. „Wir freuen uns sehr, dass uns so früh im Projekt ein solcher Fund gelungen ist“, sagt Entomologin Jenny Förster. „Wir gehen davon aus, dass die Spitzfühler-Stängelbiene nicht der letzte überraschende Wildbienenfund im Projekt bleibt.“